Humanorientierte Architektur und Gestaltung / Psychologische Ästhetik

Erklärung

Unsere Gesellschaft und damit auch die Produktion von Architektur und Gestaltung werden immer heterogener und vielgestaltiger. Dieser Vorgang birgt eine hohe Dynamik und das Potential, viele verschiedene Lebenswelten miteinander in Dialog zu bringen. Aber auch ein „Unbehagen an der Moderne“ (Charles Taylor) angesichts der Fragmentierung unseres gemeinsamen Raumes, der gebauten Umwelt, ist weit verbreitet: Fraglos gibt es viele künstliche Umwelten, die Wohlbefinden und Gesundheit eher bedrohen als unterstützen.

Gute Gestalter haben jedoch seit Jahrtausenden mit großer intuitiver Zielstrebigkeit ästhetisches Erfahrungswissen angewandt. Durch die Entwicklung der empirischen Psychologie mit ihren vielen Facetten und der Neurowissenschaften kann dieses Wissen endlich als zusammenhängendes Muster menschlicher ästhetischer Bedürfnisse sichtbar gemacht werden. Aber auch die Biologie, die Systemtheorie, die Semiotik und natürlich die Philosophie können zu einer ganzheitlichen Sicht auf die ästhetische Erfahrung von Menschen einiges beitragen.

Die in diesem Master-Fokus-Thema behandelten wissenschaftlichen Hintergründe, Verständnis- und Arbeitsmodelle vermitteln Ihnen einen in Gestaltungsdisziplinen ungewöhnlich breiten Horizont zur Wirkung von Umwelten auf Menschen. Aber auch die Anwendung dieses Wissens in Analyse und Kreation (inkl. Gesundheitsbauten/ healing architecture/ health design) macht dieses Master-Fokus-Thema zu einem in Europa nur selten anzutreffenden Vertiefungsangebot, das Ihnen großen konzeptionellen Vorsprung verschaffen kann.

Lerninhalte

Welche visuellen Eigenschaften sind es, die Dinge und gestaltete Umfelder (z.B. Architektur und Innenarchitektur) schön, angenehm, bedrohlich, abstoßend, beruhigend oder anregend für uns machen? Was ist „gute“ Form im jeweiligen Kontext? Was ist der wissenschaftliche Hintergrund von populären buzz words wie design thinking, deep empathy, healing architecture, evidence-based design, storytelling oder user experience, und wie hängt das alles mit Wohlbefinden, ästhetischer Erfahrung und Bedürfnissen zusammen? Und vor allem: Wie kann ich als Gestalter durch gezielten Einsatz von Strukturen, Formen, Licht, Räumlichkeit, Licht und Farbe die Gefühle, die Reaktionen, die Leistungsfähigkeit, die Motivation und das Wohlbefinden der Nutzer beeinflussen? Wie kann dieser Einfluss innerhalb von Atmosphären und Anmutungen, durch Einfachheit und Komplexität, durch semiotische Verweise und Abstraktion zu Gesamtgestaltungen von hoher Kohärenz verdichtet werden?

Eine neue Begründbarkeit gestalterischer Qualität kann das Schaffen von Architekten und Designern deutlich unabhängiger von ästhetischen Dogmen und soziokulturellen Trends machen. Aber auch zeitgeistig konforme Gestaltung kann durch psychologische, oder besser, metadisziplinäre ästhetische Reflektion neue Tiefe gewinnen, die den Bezug zum Nutzer intensivieren kann. Nicht nur Gesundheitsarchitektur und -design profitieren von solchen Ansätzen, sondern alle Umgebungen, in denen Menschen leben.

Studienziele

In unserem Master-Fokus-Thema „Humanorientierte Architektur und Gestaltung / Psychologische Ästhetik“ lernen Sie (auch im Kontext mit dem Institut Mensch & Ästhetik der Hochschule Coburg und der Universität Bamberg) zahlreiche Erkenntnisse der psychologischen Ästhetik und anderer ästhetikrelevanter Disziplinen kennen. Wir verbinden sie zu übergreifenden Modellen und gehen damit der Wirkung von Design und Gestaltung aus vielen Jahrhunderten auf den Grund. Und zu guter Letzt verwenden wir sie als Werkzeug, um selbst Umgebungen zu gestalten, die optimal auf Wahrnehmung, Bedürfnisse und Werte von Menschen und soziokulturellen Kontexten bezogen sind.

Die berufliche Praxis in der Architektur und vielen Gestaltungsdisziplinen bietet viele Aufgabenstellungen, in denen die Kompetenzen dieses Master-Fokus-Themas sehr hilfreich sind: Das ganze Feld der Gesundheitsarchitektur; alle Orte, in denen soziale Interaktion, Lernen oder Arbeiten stattfindet; alle Orte, an denen Menschen sich wohlfühlen sollen oder definierte ästhetische Erfahrungen machen sollen; aber auch alle Orte, die sehr heterogene Bedürfnisse auffangen müssen, wie etwa der Stadtraum. Kurz gesagt: alle Orte, die sich auf Menschen beziehen.